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Wahlrechtsreform: Bundestag befasst sich erstmals mit den Ampel-Plänen

Das harte Ringen um die Wahlrechtsreform hat begonnen. Es gibt zwar große Differenzen zwischen Ampel und Union, warum ich aber dennoch vorsichtig opt...

Diese Woche, am Freitag 27. Januar 2023, befasste sich der Deutsche Bundestag zum ersten Mal mit dem Gesetzesentwurf der Ampel zur Reform des Wahlrechts. Eine Reform ist dringend nötig: Aktuell sitzen 736 Parlamentarier im Deutschen Bundestag – 138 mehr als es die Regelgröße vorsieht. Dass hier etwas passieren muss, ist offenkundig. Dass man eine Wahlrechtsreform mit der Brechstange durchdrücken sollte, ist hingegen fraglich.

Ampel mit AfD-Vorschlag

Vertreter der Ampel haben vorgeschlagen, dass es künftig keine Überhangmandate mehr geben soll, die entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Bisher wurden diese Mandate durch Ausgleichsmandate kompensiert, bis das Verhältnis wieder dem Zweitstimmenergebnis entsprach. Dies führte dazu, dass der Bundestag von Wahl zu Wahl größer wurde. Die Lösung der Ampel: Die Direktkandidaten mit dem schwächsten Ergebnis sollen trotz ihres Erfolges nicht in den Bundestag einziehen. Einen äußerst ähnlichen Vorschlag hat in der Vergangenheit schon einmal die AfD gemacht. Dies aber nur als Sottise am Rande, bildet man sich aufseiten der Ampel auf die strikte Abgrenzung von den Rechten doch sonst so viel ein.

Die Mär von der Übervorteilung der CSU

Wie bereits erwähnt, eine Reform ist notwendig, da unser bisheriges Wahlrecht in Verbindung mit einer Veränderung der Parteienlandschaft und des Wahlverhaltens der Bevölkerung zu einem immer größeren Bundestag führt. Mit einem Argument der Ampel muss aber dringend aufgeräumt werden: die Übervorteilung der CSU durch das bisherige Wahlrecht. Es stimmt schon, dass die Union und insbesondere die CSU sehr erfolgreich im Gewinnen von Direktmandaten sind. Wie der Kollege Amthor aber während der Debatte so treffend dazwischenrief: Dies stehe ja nicht im Gesetz! Oder anders formuliert: Das Wahlrecht hält andere Parteien nicht davon ab, mehr Direktmandate zu erringen, sondern die freie Entscheidung der Wähler, wem sie ihre Erststimme anvertrauen.

Union ist kompromissbereit

Außerdem verschließt sich die Union einer Reform des Wahlrechts keineswegs: In der letzten Legislaturperiode haben wir eine Reduzierung der Wahlkreise beschlossen, von 299 auf 280. Wir könnten uns sogar die Anzahl 270 vorstellen, wohingegen die Ampel wieder zu den 299 Wahlkreisen zurück will.

Unsere weiteren Vorschläge zur deutlichen Verkleinerung des Bundestages sehen vor, bis zu 15 Überhangmandate nicht auszugleichen (diesen Spielraum lässt uns das Bundesverfassungsgericht), die Zahl der Wahlkreise, die eine Partei gewinnen muss, um bei einem Ergebnis unterhalb von 5 Prozent der Zweitstimmen trotzdem in den Bundestag einzuziehen, von drei auf fünf anzuheben, Überhangmandate einer Partei in einem Bundesland mit Listenmandaten der gleichen Partei in anderen Bundesländern zu verrechnen und schließlich 320 Listenmandate als Regelgröße im Deutschen Bundestag einzuführen. Das bedeutet, dass zukünftig 50 Listenmandate mehr als Direktmandate im Bundestag ihren Sitz haben. Auch dadurch reduzieren sich mögliche Ausgleichsmandate.

Eine genaue Zahl ist kein Selbstzweck

Auch unsere Vorschläge würden zu einem Bundestag führen, in dem rund 600 Abgeordnete sitzen – und das ohne den grotesken Umstand, dass direkt gewählte Kandidaten dennoch nicht in den Bundestag einziehen. Das Ampel-Argument, der Wähler wolle genau wissen, dass nach der Wahl genau 598 Abgeordnete ins Parlament einziehen, überzeugt nicht. Damit wird die Zahl zum Fetisch erhoben und ein Kompromiss unmöglich gemacht.

Vorsichtiger Optimismus

Es bleibt festzuhalten, dass die Debatte zwar durchaus konfrontativ verlief, die Fronten zwischen der Ampel und der Union allerdings nicht vollständig verhärtet sind. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass ein parteiübergreifender Kompromiss gefunden werden kann und damit ein Wahlrecht, mit dem alle demokratischen Parteien und vor allem die Bürgerinnen und Bürger gut leben können.