In den letzten Jahren ist es zu einer enormen Arbeitsverdichtung und damit -belastung für hunderttausende Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege gekommen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich zum Ziel gesetzt, diese Entwicklung umzudrehen und Schritt für Schritt eine spürbare Verbesserung im Alltag der Pflegekräfte zu erreichen. Dazu hat er als ersten Schritt ein Sofortprogramm für eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege vorgestellt, das zum 1. Januar 2019 in Kraft treten soll. Mit einfachen, klaren und finanziell unterlegten Sofortmaßnahmen setzt es das klare Signal: Wir haben verstanden!
In weiteren Schritten sollen im Krankenhaus Pflegepersonaluntergrenzen für alle bettenführenden Abteilungen eingeführt werden. In der ambulanten und stationären Langzeitpflege soll es künftig verbindliche Personalbemessungsinstrumente geben und mit einer sogenannten „Konzertierten Aktion Pflege“ soll die Situation in der Altenpflege bedarfsgerecht weiterentwickelt werden.
Hier die wichtigsten Punkte:
- Pflege im Krankenhaus
Um die Personalausstattung in der Pflege im Krankenhaus zu verbessern, wird zukünftig jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegestelle am Bett vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Tarifsteigerungen werden voll refinanziert und nicht durch Einsparungen zu Lasten der Pflege kompensiert. Die Ausbildungsvergütungen von Auszubildenden in der (Kinder-)Krankenpflege und in der Krankenpflegehilfe im ersten Ausbildungsjahr werden ab 2019 vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Die Verbesserung schafft einen deutlichen Anreiz, mehr auszubilden.
Erhöhter Pflegeaufwand braucht erhöhte Vergütung für mehr Pflegekräfte. Damit die Krankenhäuser die zusätzliche Vergütung zukünftig auf einer gesicherten Basis abrechnen können, werden die Krankenkassen verpflichtet, den Krankenhäusern die hierfür erforderlichen Informationen zur Pflegebedürftigkeit der bei ihnen versicherten Patientinnen und Patienten mitzuteilen.
Fehlende Investitionsmittel der Länder mussten in der Vergangenheit häufig von den Krankenhäusern aus Eigenmitteln kompensiert werden. Daher wird der in der letzten Legislaturperiode gebildete Krankenhausstrukturfonds fortgesetzt und ausgebaut.
Künftig sollen Pflegepersonalkosten besser und unabhängig von Fallpauschalen vergütet werden. Ziel ist es, die Krankenhausvergütung ab dem Jahr 2020 auf eine Kombination von Fallpauschalen und einer Pflegepersonalkostenvergütung umzustellen. So kann eine krankenhausindividuelle Vergütung von Pflegepersonalkosten sichergestellt werden.
- Pflege in Pflegeeinrichtungen
Jede vollstationäre Altenpflegeeinrichtung in Deutschland soll im Rahmen des Sofortprogramms profitieren. Einrichtungen bis zu 40 Bewohnern erhalten eine halbe Pflegestelle, Einrichtungen mit 41 bis 80 Bewohnern eine Pflegestelle, Einrichtungen mit 81 bis 120 Bewohnern eineinhalb und Einrichtungen mit mehr als 120 Bewohnern zwei Pflegestellen zusätzlich. Insgesamt sind dies rund 13.000 Pflegekräfte mehr. Die Pflegeeinrichtungen haben die Möglichkeit, auf Antrag schnell und unbürokratisch diese zusätzlichen Stellen durch einen Zuschlag finanziert zu bekommen.
Zur Finanzierung zahlt die GKV jährlich pauschal einen Betrag an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung. Die private Pflegeversicherung beteiligt sich anteilig entsprechend der Zahl der Pflegebedürftigen an der Finanzierung. Auf diesem Wege werden die Pflegebedürftigen zur Finanzierung dieser rund 13.000 Stellen nicht belastet.
Die Digitalisierung birgt, richtig eingesetzt, ein erhebliches Potential zur Entlastung der Pflegekräfte in der ambulanten und stationären Altenpflege. Mit dem Ziel, Fachkräfte in der Pflege zu entlasten, unterstützt die Pflegeversicherung daher einmalig die Anschaffung von entsprechender digitaler oder technischer Ausrüstung durch ambulante oder stationäre Pflegeeinrichtungen mit bis zu 12.000 Euro.
Sowohl im ärztlichen Bereich als auch im zahnärztlichen Bereich wurde in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Kooperationsverträgen geschlossen. Zu dieser Entwicklung haben nicht zuletzt die verbesserten Vergütungsregelungen im Rahmen der Kooperation sowohl im ärztlichen als auch im zahnärztlichen Bereich geführt. Um die Entwicklung der Kooperationen zu beschleunigen, wird die Verpflichtung der Pflegeeinrichtungen, Kooperationsverträge mit geeigneten vertragsärztlichen Leistungserbringern zu schließen, verbindlicher ausgestaltet.
Pflegende Angehörige haben häufig aufgrund ihrer familiären Situation keine Möglichkeit, ambulante Rehabilitationsleistungen in Anspruch zu nehmen. Deshalb wird für sie der Anspruch geschaffen, auf Genehmigung auch dann stationäre Rehabilitation zu erhalten, wenn vom medizinischen Gesichtspunkt her eine ambulante Versorgung ausreichend wäre.
- Steigerung der Attraktivität von Kranken- und Altenpflege
Gerade in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist die psychische und körperliche Belastung für die Beschäftigten enorm. Deshalb werden die Krankenkassen verpflichtet, zusätzlich mehr als 70 Mio. Euro jährlich für Leistungen zur Gesundheitsförderung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aufzuwenden. Zudem wird die Nationale Präventionsstrategie ergänzt um spezifische und gemeinsame Ziele der Sozialversicherungsträger und weiterer Akteure zur Förderung und Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit und zur Senkung des Krankenstands der Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege.
Professionelle Pflege kennt keine Pause, sie macht auch die Arbeit am Wochenende oder in der Nacht erforderlich. Dies stellt besonders hohe Anforderungen an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; und das gerade in einem Bereich, in dem überwiegend Frauen arbeiten. Finanzielle Unterstützung an dieser Stelle kann die Attraktivität des Pflegeberufs stärken und trägt der besonderen, kritischen Beschäftigungssituation Rechnung.
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