Heute hat der Deutsche Bundestag das sogenannte Dritte Bevölkerungsschutzgesetz beschlossen.

Persönliche Erklärung zum Dritten Bevölkerungsschutzgesetz

Mit Blick auf die heutige abschließende Beratung zum Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ...

Mit Blick auf die heutige abschließende Beratung zum Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (sogenanntes Drittes Bevölkerungsschutzgesetz) erkläre ich hiermit Folgendes:

„Die Corona-Pandemie stellt uns alle vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Sowohl gesundheitlich, wirtschaftlich als auch gesellschaftlich sind die Auswirkungen immens. In einer gemeinsamen ‚nationalen Kraftanstrengung‘, von der unsere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel neulich gesprochen hat, versuchen wir, die coronabedingten Herausforderungen bestmöglich zu meistern, Menschenleben zu schützen, unsere Wirtschaft zu stabilisieren und gleichzeitig unsere Schulen und Kindergärten offenzuhalten. Der Spagat zwischen widerstreitenden Interessen, zwischen größtmöglicher Freiheit und notwendiger Beschränkung fällt nie leicht, schon gar nicht in der jetzigen Situation.

Da das bisher geltende Infektionsschutzgesetz nicht auf eine solche dauerhafte pandemische Lage dieses Ausmaßes ausgerichtet war, ist nun die Notwendigkeit entstanden, das Infektionsschutzgesetz den Anforderungen einer effektiven und vor allem auch weiterhin rechtsstaatlichen Pandemie-Bekämpfung anzupassen.

Ziel der Gesetzesnovelle ist es vor allem, die Maßnahmen zum Schutz unserer Bevölkerung klarer und präziser zu fassen. Keinesfalls werden damit Grundrechte abgeschafft, im Gegenteil: Mit dem neuen Gesetz wird dem Drängen vieler Bürgerinnen und Bürger nach einer klaren, bestimmten und präzisen rechtsstaatlichen gesetzlichen Grundlage Rechnung getragen.

Anstoß der Bedenken vieler Bürgerinnen und Bürger ist insbesondere der neue Paragraf 28a Infektionsschutzgesetz, der im Sinne erhöhter Rechtsklarheit und -bestimmtheit eine Präzisierung und Konkretisierung möglicher („Kann“-Vorschrift) Schutzmaßnahmen vorsieht und damit ausdrücklich keine Erweiterung staatlicher Befugnisse. Es wird nun also eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für pandemiebedingte Schutzmaßnahmen geschaffen, die ihrerseits ausschließlich unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig sind und dabei, wie es im Gesetz heißt, vor allem die sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit berücksichtigen.

Mir ist nicht zuletzt aus zahlreichen Gesprächen und der Vielzahl von Zuschriften bewusst, dass besonders diese neue Vorschrift auf viele Bürgerinnen und Bürger bedrohlich wirkt. Deshalb haben wir als Gesetzgeber bei den heutigen Beratungen noch einmal ganz gezielt eine noch weitergehende Konkretisierung des Paragrafen 28a Infektionsschutzgesetz beschlossen. Dies betrifft einmal die Präzisierung einzelner Schutzmaßnahmen, aber vor allem auch die Darlegung der dafür notwendigerweise zu beachtenden Abwägungs- und Entscheidungsgesichtspunkten.

Ausdrücklich versichern möchte ich allen, die mir im Vorfeld der Beratungen ihre Sorgen auf den verschiedensten Wegen mitgeteilt haben, dass ich die darin formulierten Bedenken ernst nehme und diese in meine Erwägungen miteinbeziehe. Eine Entscheidung dieser Tragweite in einer zumindest in meinem bisherigen Leben unvergleichlichen Krisensituation mache ich mir nicht leicht. Die Grundrechte sind der Maßstab allen staatlichen Handelns. Diesem Grundsatz fühle auch ich mich verpflichtet und treffe alle meine Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen getreu der Freiheit meines Mandats.

Eine intensive und lebhafte Diskussionskultur ist der beste Beweis für eine funktionierende Demokratie. Nachdenklich werden lässt mich allerdings die zum Teil auch hier immer aggressiver werdende Tonalität und Rigorosität im Gespräch und in der Diskussion. Nicht nur für die kommende Bewährungszeit der anhaltenden Pandemie, sondern vielmehr auch für die Zeit „danach“ sind Respekt, Offenheit und Verständnis für vielleicht auch anderslautende Meinungen Grundbausteine für ein nachhaltiges und gedeihliches Zusammenleben.“

Dr. Wolfgang Stefinger, MdB

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