Wien ist immer eine Reise wert. Vergangene Woche war ich allerdings nicht in der österreichischen Hauptstadt, um ein Stück Sachertorte im Kaffeehaus zu genießen, über den Prater zu flanieren oder die Hofburg zu bewundern, sondern in offizieller Funktion unterwegs: Ich traf mich zu Gesprächen mit unserem früheren Entwicklungsminister Gerd Müller, der mittlerweile Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) ist, und mit Mark Bassett von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA). Bassett arbeitet dort als Special Assistant des Generaldirektors für nukleare Sicherheit und Sicherheitsvorkehrungen.
Gerd Müller: Entwicklungsminister a.D. setzt seine erfolgreiche Arbeit bei der UNIDO fort
Gerd Müller war ein erfolgreicher Minister, der im Gegensatz zu seiner Nachfolgerin verstanden hat, dass eine Entwicklungspolitik, die wirklich etwas zum Positiven verändern soll, nicht nur öffentliche Gelder verteilen darf. Vor allem muss Entwicklungspolitik gute Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen schaffen und dafür Anreize setzen.
Ich freue mich daher umso mehr, dass Gerd Müller seinen Grundüberzeugungen treu bleibt und seine unschätzbare Erfahrung in seine Rolle als Generalsekretär der UNIDO einbringt und sich so weiterhin für eine positive Entwicklung der Länder des Globalen Südens einsetzt.
Erfolgreiche Entwicklungspolitik durch Kooperation, Innovation und Hilfe zur Selbsthilfe
Unter Gerd Müller verfolgt die Organisation das strategische Ziel, auf die Förderung von industriellen Entwicklungssprüngen zu setzen, und macht sich dafür stark, dass sich die Industrieländer in den Entwicklungsländern intensiver in den Bereichen Technologie, Wissenstransfer und Investitionen engagieren.
Als Plattform für weltweite Kooperationsprojekte mit der Agroindustrie (industrielle Landwirtschaft), Ernährungswissenschaft und Investoren setzt die UNIDO weltweit auf starke Partner. Deshalb ist es umso bedauernswerter, dass die Bundesregierung die finanzielle Unterstützung der UNIDO gekürzt hat. Die Chinesen haben ihren Beitrag hingegen erst kürzlich erhöht. Dieses ungleiche Verhältnis sollte vor allem der Ampel-Regierung zu denken geben!
Ampel-Regierung setzt falsche Prioritäten
„Hunger ist Mord!“ – diesen Ausspruch prägte Gerd Müller und zog seine Konsequenzen daraus: Eine Welt ohne Hunger ist seine Vision, an der er hart arbeitete und als Minister auch große Erfolge erzielte. Leider haben die Corona-Pandemie und nun der Krieg in der Ukraine dieses Ziel wieder in weite Ferne gerückt. Die Überwindung des Hungers bleibt allerdings der Ansporn für Müllers Arbeit – und mit der Digitalisierung und den technischen Entwicklungen, für die sich die UNIDO einsetzt, ergeben sich neue Wege, tatsächlich das Ziel einer Welt ohne Hunger zu realisieren.
Die Kürzungen der neuen Bundesregierung bei der Initiative „Eine Welt ohne Hunger“ des Entwicklungsministeriums werden daher gerade bei der UNIDO besonders kritisch bewertet, denn sie verhindern, das Potenzial der Entwicklungsländer umfänglich auszuschöpfen.
Mittelkürzungen für UNIDO sind falsch
Das Gespräch mit Gerd Müller hat mir noch einmal deutlich gezeigt, dass die Mittelkürzungen für UNIDO falsch sind, denn die Organisation steht genau für das, was effektive Entwicklungshilfe ausmacht: Kooperation, technische Innovation und Hilfe zur Selbsthilfe.
Besuch bei Atombehörde: Große Sorgen wegen AKW Saporischschja
Mein Besuch in der Zentrale der Internationalen Atomenergie-Organisation und das Gespräch mit Mark Bassett waren ebenfalls sehr erhellend. Selbstverständlich stand dabei die Rolle der Atombehörde im Ukraine-Krieg im Vordergrund. Im Mittelpunkt der Arbeit der IAEA stehen die Verhandlungen über eine Sicherheitszone rund um das Atomkraftwerk Saporischschja, eines der größten und leistungsstärksten Kernkraftwerke Europas. In den Medien war seit März immer wieder von Kämpfen rund um das AKW zu lesen, es geriet unter Beschuss und war immer wieder zeitweise ohne Strom, weshalb es heruntergefahren werden musste.
Ukrainisches Atomkraftwerk: Schwierige Gespräche mit Russland
Der Vorsitzende der Atombehörde, Rafael Grossi, reiste erst kürzlich wieder für Gespräche nach Moskau, die sich allerdings sehr schwierig gestalten. Einerseits weil der rechtliche Status des Kraftwerks nicht geklärt ist (Russland sieht das AKW Saporischschja – fälschlicherweise – als russisch an), andererseits weil die Atombehörde nicht offiziell mit Russland verhandeln darf.
Sorge aber keine Panik
Die Situation ist also äußerst verfahren und besorgniserregend. Dennoch bin ich dankbar für das Engagement der Atombehörde, das mir Mark Bassett anschaulich nähergebracht hat. Einen Unfall oder einen absichtlichen Angriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja gilt es unter allen Umständen zu verhindern! Wir haben Anlass zur Sorge, dürfen aber nicht panisch werden, denn genau darauf hat es Wladimir Putin abgesehen.