In Zeiten, in denen deutsche Staatsbürger mit nahezu unbezahlbaren Energiepreisen kämpfen, Familien nicht mehr wissen, wie sie am Ende des Monats den Wocheneinkauf bezahlen sollen, weil die Inflation davongaloppiert und alles teurer macht, könnte schnell die Frage aufkommen: Warum geben wir einen einzigen Cent in andere Länder, wo wir das Geld doch im eigenen Land ausgeben könnten, um die Not der Menschen zu lindern?
Wir dürfen nicht wegschauen
Dieser Einstellung müssen wir entschieden entgegentreten! In einer vernetzten Welt können wir nicht unser eigenes Süppchen kochen. Wir sind auf andere Staaten angewiesen. Das wird uns derzeit durch die Energiekrise schmerzlich bewusst. Neben dem Eigeninteresse muss es aber auch unser moralischer Anspruch sein, Menschen zu helfen, die – ohne das eine gegen das andere ausspielen zu wollen – in noch existenzielleren Nöten sind als die deutsche Bevölkerung. Wir erleben gerade eine verheerende Ernährungskrise im Globalen Süden. Da dürfen wir nicht wegschauen, sondern müssen helfen.
Kürzungen beim Kampf gegen den Hunger
Umso bestürzender ist es, dass im Haushaltsentwurf 2023 für den Etat des Entwicklungsministeriums, den wir diese Woche im Parlament debattiert haben, massive Kürzungen vorgesehen sind. Kürzungen, für die uns Grüne und FDP zu Recht zerrissen hätten. Während der Großen Koalition waren Vertretern beider Parteien unsere Aufwüchse nicht hoch genug. Nun nehmen sie Kürzungen mit leisem Murren hin.
Besonders unverständlich sind die Sparmaßnahmen, sofern sie den Kampf gegen den Hunger betreffen: Kürzungen beim Titel „Krisenbewältigung“, der Kernbeitrag für das Welternährungsprogramm wird mehr als halbiert und für die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ gibt es 150 Millionen Euro weniger als im Vorjahr.
Widerspruch aus den eigenen Reihen
Die Einsparungen bei den Ärmsten der Armen sind so gewaltig, dass sich sogar ehemalige Vorsitzende des Entwicklungsausschusses und der derzeitige Ausschussvorsitzende Dr. Christoph Hofmann (FDP) mit einer Petition an die Bundesregierung wandten, um eine Erhöhung des Etats zu fordern (Siehe Artikel vom 2. September). Ich glaube, das ist ein einmaliger Vorgang: Vertreter der Parteien, die die Regierung tragen, müssen sich mit einer Petition an ihre eigene Bundesregierung wenden, weil diese nicht handelt.
Außerdem wird vor allem bei den Kindern, der Gesundheit und bei der Bildung gekürzt. Entgegen der groß propagierten feministischen Entwicklungspolitik muss sich die Frauenorganisation der UN ebenfalls mit 25 Prozent weniger Geld abfinden.
Keine Vision, nirgendwo!
Mein größter Kritikpunkt ist aber, dass der Haushaltsentwurf von einer niederschmetternden Ambitionslosigkeit zeugt und jegliche Vision vermissen lässt. Die Ministerin müsste Prioritäten setzen und dann ihre Ziele konsequent verfolgen. Stattdessen verheddert sie sich in einem Netz aus Ankündigungen und lässt sich regelmäßig vom Finanzminister abkochen.
Es betrübt mich das zu sagen, aber wenn dieser Haushaltsentwurf eines zeigt, dann dass es schlecht steht um Deutschlands Rolle als verlässlicher Partner in der Welt.