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Heiz-Demo in Erding: Diffamierung normaler Bürger nützt nur radikalen Parteien

Man tritt der Stadt Erding und ihren Bewohnern wohl nicht zu nahe, wenn man sagt: So viel Aufmerksamkeit wie in der vergangenen Woche hat die beschauliche oberbayerische Stadt vor den Toren Münchens vermutlich noch nie erhalten. 13.000 Menschen folgten vergangenen Samstag dem Aufruf der Kabarettistin Monika Gruber, gegen das geplante Heizungsgesetz der Bundesregierung zu demonstrieren. Das Motto: „Stoppt die Heizungsideologie“.

Viele prominente Redner

Als Redner traten der bayerische FDP-Chef Martin Hagen, der Wirtschaftsminister des Freistaats Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und sogar der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder auf. Das Medienecho war ob der versammelten Polit-Prominenz und der schieren Anzahl der Menschen enorm.

Die AfD war ausdrücklich nicht eingeladen, es durfte auch niemand aus der Partei sprechen. Dass sich dennoch einige AfD-Sympathisanten im Publikum befanden, wurde deutlich, als sich Markus Söder in seiner Rede deutlich von der AfD distanzierte: Dem Satz „Die bürgerliche Mitte hat nichts mit AfD, hat nichts mit Anti-Demokraten zu tun“ folgten prompt Buhrufe.

Dieser Umstand und die Tatsache, dass auch wenige Plakate mit blödsinnigen Aufschriften wie „Ami go home!“ oder „Raus aus der WHO“ zu sehen waren, diente manchen Kommentatoren und grünen Politikern als Steilvorlage, die gesamten Demonstration als rechte Veranstaltung abzutun. In den sozialen Medien gingen viele noch weiter, sprachen von Querdenkern und Rechtsradikalen, die sich da auf dem Erdinger Volksfestplatz versammelt hätten.

Normale Bürger in die rechte Ecke gestellt

Mich hat diese Veranstaltung in vielerlei Hinsicht sehr nachdenklich gemacht. Ich mache mir Sorgen um den politischen Diskurs in unserem Land. Ich frage mich, wie fühlt sich ein Bürger, der an dieser Demo teilgenommen hat, wenn er am nächsten Tag in der Zeitung lesen muss, er sei rechtsextrem? Ein ganz normaler Bürger, vielleicht Eigentümer eines älteren, schlecht gedämmten Häuschens, der sich Sorgen macht, welche Kosten durch das Gebäudeenergiegesetz auf ihn zukommen.

Anstatt diese Sorgen ernst zu nehmen, werden unbescholtene Staatsbürger rhetorisch in die rechte Ecke gestellt – und um die Sorgen von Rechtsextremen muss man sich natürlich nicht kümmern. Praktisch! Dieses Vorgehen mag zwar bequem sein, aber ich fürchte, es ist ein Konjunkturprogramm für radikale Parteien: Wenn man Menschen dauernd erzählt, sie seien unanständig und rechts, darf man sich nicht wundern, wenn bei einem Teil die Hemmungen fallen, tatsächlich auch Radikale zu wählen.

Aiwanger hätte sich entschuldigen sollen

Natürlich ist es genauso falsch, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und sich politisch darauf zu beschränken, dem Bürger „aufs Maul zu schauen und danach zu reden“. Wer den Bürgerinnen und Bürgern erzählt, beim Heizen müsse sich nichts verändern, handelt ebenfalls verantwortungslos. Aber eine Politik, die – koste es, was es wolle – gegen einen Großteil der Bürger durchgezogen werden soll, kann nicht funktionieren.

Wahrscheinlich war es das, was Hubert Aiwanger sagen wollte, als er reichlich derb formulierte: „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagt: Ihr habt’s wohl den Arsch offen da oben“.

Nichts liegt mir ferner, als diesen Satz zu verteidigen und es wäre gut gewesen, hätte sich der Chef der Freien Wähler am nächsten Tag dafür entschuldigt. Wir leben in einer Demokratie. Niemand muss sich die Demokratie zurückholen! Deftige Reden gehören zwar zur bayerischen Politik, aber gerade bürgerliche Politiker sollten immer einen bürgerlichen Umgangston pflegen.

Mit Verachtung überzeugt man niemanden

Was mir aber auch hier missfällt: Dass diese Entgleisung ebenfalls dafür benutzt wurde, das Anliegen der gesamten Veranstaltung und ihrer Teilnehmer zu diskreditieren. Aiwanger und Söder wurden nach der Erdinger Demo Trump-Sprech und Trump-Methoden vorgeworfen. Einmal davon abgesehen, dass das ziemlicher Unsinn ist, sollten wir uns vielleicht an eine andere Begebenheit aus dem US-Wahlkampf 2016 erinnern, der vielleicht mit ein Faktor für die Wahl Trumps war: Als Hillary Clinton weite Teile der US-Bevölkerung, die mit der Wahl Trumps liebäugelten, als „deplorables“, also „Bedauernswerte“ abstempelte. Egal wie gut und sinnvoll ein Anliegen ist, mit Verachtung wird man Menschen nie überzeugen und dafür gewinnen – nicht in Iowa und auch nicht in Erding.