Auch mich haben die Bilder und Berichte vom abgebrannten Flüchtlingslager Moria zutiefst erschüttert. Ich bin deshalb Bundeskanzlerin Merkel und Bundesinnenminister Seehofer dankbar, dass Deutschland seiner humanitären Verantwortung gerecht wird und der griechischen Regierung angeboten hat, neben den 150 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen weitere rund 400 Familien aufzunehmen, deren Asylantrag bereits genehmigt wurde. Wichtig ist in meinen Augen ein Dreiklang an Maßnahmen: schnelle Hilfen vor Ort, eine Europäisierung der Aufnahmeeinrichtungen und die Evakuierung besonders schutzbedürftiger Menschen.
Deutschland unterstützt Griechenland
Die bereits vor dem Brand zum Teil katastrophalen Zustände in Moria hatten sich mit der Aufkündigung des EU-Türkeiabkommens und der Corona-Pandemie noch einmal dramatisch zugespitzt. Deshalb hatte sich Deutschland mit anderen EU-Staaten im Frühjahr auf die Aufnahme von 1.600 Kindern und Jugendlichen geeinigt, um Griechenland bei der schwierigen humanitären Lage auf den griechischen Inseln zu unterstützen. Im Rahmen dieser Vereinbarung hat Deutschland zugesagt, knapp 1.000 kranke Kinder und ihre Angehörigen aufzunehmen. Rund die Hälfte davon konnte bereits nach Deutschland gebracht werde.
Rechtsstaatlichkeit nicht aus den Blick verlieren
Ich unterstütze all diese humanitären Maßnahmen. Allerdings bin ich weiterhin der Ansicht, dass wir endlich eine europäische Lösung finden müssen. Einige EU-Länder wie Polen und Ungarn, aber auch Österreich, sind gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen. Österreich zum Beispiel befürchtet, mit einer Verteilung der obdachlosen Flüchtlinge in Europa eine neue Migrationswelle auszulösen. Und die griechische Regierung sieht einen deutschen Alleingang auf ihrem Hoheitsgebiet ebenfalls kritisch und befürchtet weitere Brandstiftungen in den Flüchtlingslagern. Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen all diese Bedenken ernst nehmen und dürfen auch die rechtlichen Voraussetzungen nicht aus dem Blick verlieren.
Zudem wird bei allen Berichten über Moria außer Acht gelassen, dass in Deutschland werktäglich rund 400 Flüchtlinge, monatlich rund 10.000 aufgenommen werden. Außerdem bleibt unerwähnt, dass der Bund und nicht die Länder und Kommunen den Großteil der Kosten zu tragen haben – auch wenn diese sich zur Aufnahme bereiterklären.
Europäische Lösung weiterhin notwendig
Gerade in Anbetracht der Erfahrungen aus der Flüchtlingskrise 2015/16 muss eine weitere Aufnahme in Abstimmung mit den europäischen Partnern erfolgen. Alles andere wäre das falsche Signal und würde die Suche nach einem gemeinsamen europäischen Lösungsansatz untergraben. Europa hat sich auf klare Regeln verständigt. Gesundheitstests und Sicherheitsüberprüfungen sind vor der Einreise durchzuführen. Außerdem ist der Familiennachzug im Vorfeld zu klären. Die Auswahl der Personen kann somit nur durch abgestimmtes Handeln der europäischen Behörden erfolgen. Würde Deutschland einseitig eine Einreise gewähren, könnte dies dazu führen, dass sich andere EU-Länder womöglich auch nicht mehr an Vereinbarungen gebunden fühlen würden.
Die EU-Kommission will am 30. September einen Vorschlag für eine gemeinsame europäische Asylpolitik vorlegen. Dabei soll es sich um einen ganzheitlichen Vorschlag handeln: von Hilfe für die Herkunftsländer über Asylentscheidungen an den EU-Außengrenzen bis hin zur Solidarität innerhalb Europas bei der Aufnahme von Schutzberechtigten. Auch der Wiederaufbau des Flüchtlingslagers unter EU-Verwaltung ist eine Option.
Das Wichtigste ist jetzt aber erst einmal die Hilfe vor Ort, um für die Menschen eine vernünftige Bleibe und eine gute Versorgung zu organisieren. Hier ist das THW bereits vor Ort. Einsatzkräfte haben im Auftrag der Bundesregierung unter anderem Zelte, Feldbetten, Isomatten und Schlafsäcke für das Flüchtlingslager nach Lesbos transportiert.