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Gas-Krise: „Ein Pulli gegen Putin“ ist keine Option

„Rekordhitze in Deutschland und Europa“, lautete vor einigen Tagen eine Schlagzeile in der „Süddeutschen Zeitung“. „Bis zu 37 Grad am Samstag“, schrieb die „Tagesschau“. Bei Temperaturen wie am vergangenen Wochenende will man lieber an Freibad, Biergarten und Eis essen denken, nicht an Herbst und Winter. Aber: Putin zwingt uns leider dazu, indem er die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 gedrosselt hat. Vielleicht haben auch Sie die – nicht ganz abwegige – Sorge, ab dem kommenden Herbst in einer kalten Wohnung frieren zu müssen. Dazu kommen die Ängste, was ein Ende der russischen Gaslieferungen für unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Deutschland bedeuten würde.

Was bedeutet die Alarmstufe des Notfallplans Gas?

Die aktuellen Entwicklungen beunruhigen mich sehr. Gestern hat Wirtschaftsminister Robert Habeck die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Laut dem Plan liegt bei dieser Alarmstufe eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führen. Der Markt sei aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen.

Dass sich der Wirtschaftsminister zu diesem Schritt entschlossen hat, ist richtig, denn die Lage ist ernst. Gas muss für den Winter eingespeichert werden und nicht verstromt. Dass stattdessen in Deutschland wieder verstärkt auf Kohle zur Stromerzeugung gesetzt wird, betrübt mich sehr. Als Entwicklungspolitiker sehe ich, was der Klimawandel vor allem in den Ländern des globalen Südens anrichtet. Die sich anbahnende Hungerkrise in Afrika und im Nahen Osten liegt nicht nur am Krieg in der Ukraine, sondern auch an langen Dürreperioden. Aber: Uns bleibt derzeit nicht viel anderes übrig, wenn wir keine enormen Verwerfungen für unsere Industrie und für Sie, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, riskieren wollen.

Atomkraft, Kohle und Biogas: Wir müssen unsere Alternativen nutzen

Mehr noch: Vonseiten der Union kam bereits im März die Forderung, Gas nicht mehr zu verstromen, sondern zu speichern. Hätte die Ampel auf uns gehört, wäre die Lage zumindest ein wenig entspannter – nun, da Wladimir Putin ernst macht und tatsächlich am Gashahn dreht. Eine Alternative zur klimaschädlichen Kohleverstromung existiert außerdem: Mit einem befristeten Heben des Biomasse-Deckels kann auch mit Biogas zusätzlicher Strom erzeugt werden.

Auch einer Debatte darüber, die verbliebenen drei Atomkraftwerke nicht zum Ende des Jahres vom Netz zu nehmen, verschließt sich die Regierungskoalition, vor allem SPD und die Grünen. „Jede Kilowattstunde zählt“ scheint nicht für die 34,5 Terrawattstunden (also 34,5 Milliarden Kilowattstunden!) zu gelten, die von den drei letzten Atommeilern jährlich erzeugt werden können. Ich kann der Ampel nur empfehlen, an dieser Stelle über ihren ideologischen Schatten zu springen.

Wir brauchen einen nationalen Kraftakt für Energiesicherheit

Die Union macht keine Fundamentalopposition, dafür sind die Zeiten auch weiß Gott zu ernst. Wir werden die Bundesregierung bei allen Maßnahmen unterstützen, die sinnvoll sind, um die Energieversorgung unserer Bevölkerung und unserer Wirtschaft sicherzustellen. Wir werden aber auch Kritik üben, wo sie angebracht ist. Aus diesem Grund fand gestern auf Verlangen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag statt. Das Thema: „Kälte-Winter verhindern – Jetzt entschlossen und pragmatisch vorsorgen“.

„Frieren für den Frieden“ darf niemals Realität werden

Dass Menschen in der Bundesrepublik Deutschland im Winter in einer ungeheizten Wohnung sitzen, ist für mich undenkbar. Wir brauchen jetzt einen nationalen Kraftakt für Energiesicherheit – in einem Bündnis von Bund, Ländern und Kommunen. Die Bundesregierung muss in einem detaillierten Plan darlegen, welche Kapazitäten zusätzlich beschafft wurden, was eingespart werden kann und was die Alternativen zur Gasverstromung bringen. „Frieren für den Frieden“ oder „Ein Pulli gegen Putin“ sind vielleicht geschmeidige Slogans, Realität dürfen sie niemals werden!