Diesel und saubere Luft: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Auf Deutschlands Straßen fahren mehrere Millionen Dieselfahrzeuge. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu Diesel-Fahrverboten sind daher viele Bürger verunsichert und verärgert. Viele von ihnen fragen sich: Darf ich mit meinem Fahrzeug nicht mehr in bestimmte Städte oder Zonen fahren? Was ist mein Dieselfahrzeug noch wert? Müssen Fahrzeuge technisch nachgerüstet werden?

 

Wie hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden?

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch entschieden: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind generell mit deutschem Recht vereinbar. Es ist grundsätzlich zulässig, dass Kommunen Fahrverbote erteilen. In der Entscheidung ging es konkret um die Städte Düsseldorf und Stuttgart, allerdings könnte das Urteil Signalwirkung auch auf andere Kommunen wie München haben. Seit Jahren übersteigt die Stickoxidbelastung in vielen Städten die von der EU festgelegten Grenzwerte. Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid darf 40 Mikrogramm je Kubikmeter Atemluft nicht überschreiten. Nach aktuellen Zahlen ist die Belastung zuletzt zwar leicht gesunken, jedoch werden die Grenzwerte in ca. 70 Städten weiter überschritten – am stärksten in München, Stuttgart und Köln. Vor allem Dieselfahrzeuge werden für die hohe Schadstoffkonzentration verantwortlich gemacht.

 

Worum ging es bei den Klagen?

Hintergrund waren Klagen der Deutschen Umwelthilfe. Die Nichtregierungsorganisation hatte deutschlandweit wegen Überschreitungen der zulässigen Luftqualitätsgrenzwerte in dutzenden Städten Klagen gegen Landes- und Bezirksregierungen angestrengt. Dabei geht es vor allem um die Belastung mit dem Schadstoff Stickstoffdioxid. Nach allgemeiner Auffassung reizt das Gas die Atemwege und belastet das Herz-Kreislauf-System. Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten der Umwelthilfe Recht gegeben und hielten Fahrverbote für ein geeignetes Mittel. Daraufhin hatten die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Auf dieser Grundlage erging nun das Urteil.

 

Kommen nun Fahrverbote auf uns zu?

Das Bundesverwaltungsgericht hat keine generellen Fahrverbote verhängt, sondern lediglich ihre Rechtmäßigkeit bewertet. Es hat dabei auch hohe Hürden errichtet, falls im Einzelfall ein Fahrverbot von der zuständigen Behörde angeordnet werden sollte. Die Verhältnismäßigkeit muss zudem streng gewahrt bleiben. Das bedeutet: Es müssen zunächst weniger einschneidende Maßnahmen geprüft und eingeleitet werden. Zudem soll es hinreichende Ausnahmeregelungen für Handwerker und bestimmte Anwohnergruppen geben. Die Kommunen sind aufgefordert Maßnahmen zu ergreifen, um die Schadstoffbelastung in den Städten zu senken.

 

Die CSU-Landesgruppe lehnt generelle Fahrverbote ab. Wir wollen nicht, dass das städtische Leben lahmgelegt wird, etwa, wenn Geschäfte nicht beliefert werden, Baufirmen und Handwerker nicht zu Kunden kommen oder Berufspendler nicht zu ihrem Arbeitsplatz. Dieselfahrern drohen zudem starke Wertverluste ihrer Autos. Es kann nicht sein, dass die Fahrzeugbesitzer die Leidtragenden sind. Fest steht aber auch: Die Menschen haben ein Recht auf saubere Luft. Deshalb ist es wichtig – und das hat das Gericht auch bestätigt –, dass Kommunen bereits heute schon Möglichkeiten haben, verkehrslenkende Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört etwa, dass Fahrzeuge, die hauptsächlich in den Städten unterwegs sind, wie ÖPNV-Busse, Taxen oder kommunale Fahrzeugflotten, emissionsarm gemacht werden müssen. Einer Regelung des Bundes bedarf es dafür nicht. In den Luftreinhalteplänen müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Grenzwerte in den Städten einzuhalten. Die Einführung einer „Blauen Plakette“, die nichts anderes als ein generelles Fahrverbot bedeuten würde, wäre unzweckmäßig. Mobilität ist ein hohes Gut. Für eine Reihe von Berufsgruppen ist sie von existenzieller Bedeutung. Wir wollen keine kalte Enteignung von Millionen von Dieselbesitzern.

 

Sofortprogramm „Saubere Luft 2017-2020“ und weitere Maßnahmen

Mit dem Sofortprogramm hat die Bundesregierung bereits ein milliardenschweres Maßnahmenbündel aufgelegt, um die europäischen Grenzwerte einhalten zu können – und das ohne Fahrverbote. Dazu gehören insbesondere die Elektrifizierung des Verkehrs, die technische Nachrüstung von Bussen und die Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme. Seit letztem Jahr läuft zudem die Nachrüstaktion von PKW durch die Automobilindustrie. Bisher wurden 2,5 Mio. Fahrzeuge umgerüstet. Der Koalitionsvertrag sieht zahlreiche weitere Maßnahmen vor, u.a. Umstieg auf nachhaltige Mobilitätskonzepte, Umstellung der Fahrzeugparks von Behörden, Taxiunternehmen und Handwerksbetrieben sowie ÖPNV auf emissionsarme bzw. -freie Technologien, Stärkung der Elektromobilität und Ausbau des Schienenverkehrs. Sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, wird die CSU-Landesgruppe das Urteil detailliert prüfen. Über die Ergebnisse werden wir dann mit allen Beteiligten sprechen – mit den Städten, aber auch der Automobilindustrie. Unser Ziel muss ein: Mehr Mobilität bei weniger Emissionen.