Am 24. November traf Bundeskanzler Friedrich Merz beim EU–Afrika-Gipfel in Luanda mit den Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union zusammen – in einer Phase, in der das Verhältnis zwischen beiden Kontinenten zugleich belastet und voller neuer Chancen ist. Die Bundesregierung setzt dabei auf eine klarere, realistischere und strategischere Partnerschaft, die europäische Interessen schützt und afrikanische Prioritäten ernst nimmt.
Europa holt auf – im Wettbewerb mit China
Afrika wächst dynamisch, verfügt über enorme Rohstoffvorkommen und ist geopolitisch umkämpfter denn je. China ist vielerorts präsent: mit Infrastruktur, Krediten und Investitionen – häufig ohne Bedingungen an Transparenz oder Menschenrechte. Die EU will verlorenen Boden gutmachen: wirtschaftlich, technologisch und politisch. Europa braucht sichere Rohstoffzugänge, belastbare Lieferketten und verlässliche Partner – und sieht Afrika als Schlüsselregion dafür.
Weg von klassischer Entwicklungshilfe – hin zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit
Gleichzeitig verabschiedet sich die EU zunehmend vom traditionellen Entwicklungsparadigma. Mit Global Gateway stehen bis 2027 rund 150 Milliarden Euro bereit, um lokale Wertschöpfung, industrielle Verarbeitung, Infrastruktur und Kreislaufwirtschaft zu stärken. Die Interessen sind klar: Afrika fordert Jobs, industrielle Entwicklung und regionale Integration; Europa will seine Abhängigkeit von China reduzieren und moderne, faire Wirtschaftsbeziehungen etablieren von denen dann auch unsere heimische Wirtschaft profitiert.
Unterschiedliche Prioritäten offen ansprechen
Trotz des politischen Aufbruchs bleiben die strukturellen Konfliktlinien deutlich spürbar. Fragen der Migration, der Rohstoffpolitik, der Sicherheitskooperation und der Klimafinanzierung zeigen, wie unterschiedlich die Prioritäten beider Seiten teils liegen. Während afrikanische Staaten auf Mobilität, lokale Wertschöpfung und mehr sicherheitspolitische Eigenständigkeit setzen, erwartet Europa geordnete Migration, verlässliche Rahmenbedingungen und gemeinsame Standards.
Die Bundesregierung verfolgt dabei einen klaren Kurs: Sie setzt auf Pragmatismus, Respekt und realistische Erwartungen. Unterstützung soll sich auf Bereiche konzentrieren, die konkrete Wirkung entfalten – bei Infrastruktur, Energie, Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung. Zugleich benennt Deutschland offen die eigenen Interessen: stabile Partnerschaften, sichere Lieferketten, transparente Regierungsführung und eine verlässliche Kooperation in Migrations- und Sicherheitsfragen.
Eine moderne Partnerschaft braucht Realismus
Der Gipfel in Luanda bietet die Chance für einen echten Neustart – weg von ritualisierten Treffen, hin zu einer belastbaren politischen Arbeitsgrundlage. Afrika wird seine Souveränitätsagenda nicht aufgeben, Europa nicht auf eine regelbasierte Ordnung verzichten. Doch beide Seiten können gewinnen, wenn sie gemeinsame Interessen definieren, Konflikte offen adressieren und die Umsetzung endlich ernst nehmen. Genau dafür steht der Ansatz der Bundesregierung: realistisch, strategisch und partnerschaftlich.